Kritische Pfad Methode (CPM)
Kritischer Pfad
Die Critical Path Method (CPM) ist eine Methode, die zur Planung, Analyse, Überwachung und Steuerung von Prozessen verwendet wird. Der kritische Pfad beschreibt den längsten Pfad des Prozessablaufs entsprechend der angegebenen Bearbeitungszeiten. Kommt es bei Aktivitäten, die sich auf dem kritischen Pfad befinden, zu Verzögerungen ist der rechtzeitige Prozessabschluss gefährdet.
Mit Hilfe des Ampelsymbols werden die Vorgänge, Aktivitäten und Aufgaben in der Vorgangsansicht durch unterschiedliche Farben für Prozesseigentümer und Prozessmanager hervorgehoben, wodurch sofort ersichtlich ist, ob der Vorgang in der geplanten Zeit abgeschlossen werden kann oder nicht.
Prozessteilnehmer, die keine Prozesseigentümer sind, können nur die Bearbeitungszeiten ihrer Aufgabe sehen.
Ermittlung des kritischen Pfades und dessen Dauer
Der kritische Pfad ist im folgenden Bild rot dargestellt. Die Bearbeitungszeiten der Aktivitäten, die sich im kritischen Pfad befinden, werden addiert, um eine Gesamtbearbeitungszeit zu ermitteln.
Im ersten Teil des Beispielprozesses ist der längere Pfad der obere, da die beiden Aktivitäten eine Bearbeitungszeit von jeweils 5 Stunden, also insgesamt 10 Stunden, haben. Hierdurch ist die Gesamtbearbeitungszeit des oberen Pfades länger als die 9 Stunden im unteren Pfad. In der zweiten parallelen Verzweigung wird die Bearbeitungszeit des unteren Pfades aufgrund der längeren Bearbeitungszeit zur Berechnung herangezogen.
Somit wird eine gesamte Bearbeitungszeit von
5 Stunden + 5 Stunden + 2 Stunden + 7 Stunden = 19 Stunden
für den gesamten Prozess ermittelt.
Zeiten einer Aktivität
Im Reiter Aktivitäten zu einem Vorgang werden folgende Daten zu Aktivitäten dokumentiert und berechnet.
Dauer (Bearbeitungszeit)
Für die Ermittlung des kritischen Pfades ist es erforderlich die Bearbeitungszeit (= maximale Dauer bis eine Aktivität erledigt sein muss) festzulegen. Die Bearbeitungszeit kann an jeder Aktivität während der Prozessmodellierung angegeben werden und wird nach dem Deployment in der Spalte “Dauer” im Reiter “Aktivitäten” zu einem Vorgang angezeigt. Prozesseigentümer dürfen zur Steuerung des Prozesses die Bearbeitungszeiten ändern und eine Neuberechnung des kritischen Pfades durchführen.
Beginn
Tatsächlicher Startzeitpunkt der Aktivität. Wurde die Aktivität noch nicht gestartet, ist dieses Feld leer.
Ende
Tatsächlicher Zeitpunkt an dem die Aktivität abgeschlossen wurde. Wurde die Aktivität noch nicht gestartet oder nicht abgeschlossen, ist dieses Feld leer.
FAZ - Frühester Anfangszeitpunkt
Der früheste Zeitpunkt, zu dem eine Aktivität beginnen kann, nachdem die davon abhängigen vorherigen Aktivitäten abgeschlossen wurden. Der früheste Anfangszeitpunkt einer Aktivität kann über die Vorwärtsplanung des Prozesses berechnet werden. Der FAZ der ersten Aktivität entspricht dem Startzeitpunkt des Prozesses.
Für alle folgenden Aktivitäten ist der FAZ (frühester Anfangszeitpunkt) identisch mit dem FEZ (Frühester Endzeitpunkt) der vorherigen Aktivität.
Sobald die vorherige Aktivität abgeschlossen ist und eine Neuberechnung des kritischen Pfads durchgeführt wird, entspricht der FAZ der Folgeaktivität dem tatsächlichen Endzeitpunkt (Ende) der vorherigen Aktivität und für alle weiteren offenen Aktivitäten ist der FAZ identisch mit FEZ des Vorgängers.
FEZ - Frühester Endzeitpunkt
Der früheste Endzeitpunkt wird über die Vorwärtsplanung des Prozesses ermittelt. Der FEZ ergibt sich aus der Summe des FAZ und der Bearbeitungszeit (Dauer) der Aktivität.
SEZ - Spätester Endzeitpunkt
Der späteste Endzeitpunkt, bis zu dem eine Aktivität abgeschlossen sein muss, ohne den gesamten Prozess zu verzögern. Dieser wird über die Rückwärtsplanung, beginnend mit der letzten Aktivität im Prozess, ermittelt. Der späteste Endzeitpunkt (SEZ) der letzten Aktivität ist gleich dessen frühesten Endzeitpunkts (FEZ). Bei allen anderen Aktivitäten ist der späteste Endzeitpunkt (SEZ) identisch mit dem spätesten Anfangszeitpunkt (SAZ) der vorherigen Aktivität.
Bei parallelen Pfaden entspricht der SEZ der Aktivität außerhalb des kritischen Pfades dem FAZ der letzten Aktivität im kritischen Pfad.
In diesem Beispiel entspricht der SEZ der Aufgabe “9 hours” dem SEZ der 2. Aktivität “5 hours”.
SAZ - Spätester Anfangszeitpunkt
Der späteste Anfangszeitpunkt (SAZ) wird aus der Subtraktion des SEZ (spätester Endzeitpunkt) und der Dauer der Aktivität ermittelt.
Meilenstein-Datum
Wurden im Prozessmodell Meilensteine modelliert und ein Meilensteindatum festgelegt, werden die Bearbeitungszeiten der vorherigen, noch nicht ausgeführten Aktivitäten bei Neuberechnung des CPMs entsprechend verkürzt oder verlängert. Eine ausführliche Erläuterung erfolgt im Sonderfall “Meilensteine”.
Puffer einer Aktivität mit einem UND-Zweig
Der Puffer einer Aktivität ergibt sich aus der Differenz zwischen ihrem SAZ (spätester Anfangszeitpunkt) und ihrem FAZ (frühester Anfangszeitpunkt). Dieser Puffer repräsentiert die zeitliche Reserve, die von einer Aktivität genutzt werden kann, ohne den Zeitplan des gesamten Prozesses zu gefährden.
Das Ampelsymbol
Grünes Licht
Der Prozess befindet sich noch in der geplanten Zeit. Bisher wurde keine Pufferzeit benötigt.
Gelblicht
Die Ampel wird gelb, sobald Pufferzeit verwendet wird. Das heißt, eine Aktivität hat ihre früheste Startzeit überschritten, aber aufgrund einer anderen Aktivität, die parallel läuft und auf deren Erledigung der Prozess warten muss, bis er fortfährt (AND Gateway), hat die Aktivität einen Puffer erhalten. Das obige Beispiel zeigt, wie die Pufferberechnung funktioniert: Die Aktivität mit einer Zeit von 9 Stunden hat einen Puffer von 1 Stunde, da der Prozess auf die Aktivitäten mit jeweils 5 Stunden warten muss.
Rotlicht
Wenn eine Aktivität nicht innerhalb der geplanten spätesten Endzeit (SEZ) abgeschlossen wird, leuchtet die Ampel rot, da die Aktivität den geplanten Zeitrahmen überschritten hat. Anhand eines Beispiels können Sie sehen, dass die Ampel rot wird, sobald die Aktivität die Zeit von 5 Stunden überschritten hat. Oder die Ampel schaltet rot, sobald die Aktivität mit geplanten 9 Stunden mehr als 10 Stunden zum Beenden benötigt. Das bedeutet, dass der Puffer für diese Aktivität überschritten wurde.
Wenn eine Aktivität oder eine Reihe von Aktivitäten (siehe Beispiele) nicht termingerecht abgeschlossen wird und die geplante Zeit des gesamten Prozesses überschritten wurde, leuchtet die Ampel rot, da der Prozess nicht mehr rechtzeitig beendet werden kann.
Wenn die Ampel einmal rot ist, bleibt sie für den Rest des Prozesses rot, da zur geplanten Zeit keine Aktivität ausgeführt werden kann.
Puffer weitergeben
Für die Übergabe des Puffers in einem Vorgang muss im Reiter “CPM Info” an einem Vorgang die Checkbox Übergabepuffer aktiviert sein. Dies kann ein Prozesseigentümer jederzeit zu einem Vorgang einrichten.
Ist “Puffer weitergeben” aktiviert, werden ungenutzte Bearbeitungszeiten einer Aktivität an die direkt nachfolgende Aktivität weitergegeben. Ungenutzte Bearbeitungszeiten entstehen, wenn eine Aktivität vor Ablauf der Bearbeitungszeit abgeschlossen werden. Sobald dieser Puffer übergeben wird, erhält die nächstfolgende Aktivität eine neue Bearbeitungszeit, welche sich aus der Summe der eigenen Bearbeitungszeit und dem Puffer aus der vorherigen Aktivität zusammensetzt.
Wurde die Bearbeitungszeit einer Aktivität überschritten, entsteht ein negativer Puffer. Dieser wird von der Bearbeitungszeit der nachfolgenden Aktivität abgezogen. Es bleibt aber immer eine Bearbeitungszeit von mindestens einer Stunde erhalten.
tatsächliche Bearbeitungszeit = eingeplante Bearbeitungszeit + evtl. entstandener Puffer
Weitergabe eines Puffers an einem AND-Gateway
Wie man im Beispiel sieht, ist an der oberen Aktivität in der UND-Verzweigung ein Puffer von einer Stunde entstanden. In der unteren Verzweigung Aktivität entstand ein Puffer von einer Stunde an der ersten Aktivität, wobei in der 2. Aktivität 30 min vom Puffer verbraucht wurde. Somit ist in der unteren Verzweigung ein Puffer von 30 min verfügbar.
Der kleinste Puffer aus der UND-Verzweigung wird an die nächst folgende Aktivität weitergegeben. In diesem Fall erhält diese Aktivität zusätzliche 30 Minuten Bearbeitungszeit.
Voraussetzungen zur Verwendung des CPMs
Für die Aktivierung des CPM-Moduls sind folgende Punkte erforderlich:
Im Prozessmodell werden für jede Aktivität Bearbeitungszeit festgelegt.
Der Prozess hat keine Schleife, da keine Mindestlaufzeit mehr berechnet werden kann (siehe CPM-Modul deaktiviert).
Die Berechnung des Kritischen Pfads wird im Prozessmodell am Startereignis aktiviert.
Bei mehreren Endereignissen muss am Ende des Prozesses ein terminiertes Endereignis modelliert werden. Ansonsten wird keine CPM-Berechnung durchgeführt.
In der Administration müssen Geschäftszeiten hinterlegt sein.
Geschäftszeiten werden in der Koordinierte Weltzeit (UTC) angegeben und diese müssen ggfs. entsprechend angepasst werden.
Sonderfälle in der CPM-Berechnung
Es ist möglich, den kritischen Pfad für Prozesse mit Teilprozessen, mehreren Enden und Schleifen zu berechnen.
Prozesse mit Unterprozessen
Um den kritischen Pfad für einen Prozess mit Unterprozessen zu berechnen, müssen ebenfalls Bearbeitungszeiten in den Aktivitäten der Unterprozesse festgelegt werden. Die Gesamtbearbeitungszeit eines Unterprozesses wird aus der Summe aller Aktivitäten auf dem kritischen Pfad im Unterprozess ermittelt. Diese Dauer wird nun verwendet, um den kritischen Pfad des Hauptprozesses zu berechnen.
Prozesse mit mehreren Enden
Der kritische Pfad für Prozesse mit mehreren Enden wird unter der Annahme berechnet, dass es ein "positives" Prozessende gibt. Im folgenden Beispiel wird der Ansatz erläutert.
Der Prozess besteht aus drei Aktivitäten mit einer Dauer von jeweils einer Stunde. Der Prozess kann jedoch nach Task1 bzw. Task2 beendet werden. Basierend auf dieser Annahme kann der Prozess entweder eine Stunde, zwei Stunden oder drei Stunden dauern. Um eine konsistente, prozessunabhängige CPM-Berechnung zu ermöglichen, berechnet das System den kritischen Pfad basierend auf einem "positiven" Prozessende. Für den vorliegenden Prozess wird daher der kritische Pfad unter Berücksichtigung von Task 1, Task 2 und Task 3 berechnet.
Prozesse mit Schleifen
Der kritische Pfad für Prozesse mit Schleifen wird in ähnlicher Weise berechnet, wie für Prozesse mit mehreren Enden. Anstatt ein positives Prozessende anzunehmen, werden Prozessschleifen in der CPM-Berechnung ignoriert. Eine CPM-Berechnung unter Einbeziehung von Schleifen ist deshalb nicht möglich, da diese beliebig oft durchlaufen werden können. Zur Verdeutlichung dient folgendes Beispiel.
Hier wird der kritische Pfad für einen Prozesszyklus berechnet. Unter der Annahme, dass für jede Aufgabe eine Bearbeitungszeit von einer Stunde festgelegt ist, wird eine Gesamtbearbeitungszeit für den Prozess von 3 Stunden ermittelt. Die Aufgabe “Task4” wird in die CPM Berechnung nicht mit einbezogen, da die Häufigkeit der Durchläufe nicht bekannt ist.
Prozesse mit vielen Schleifen
Die Ermittlung bei der CPM Berechnung, ob es sich, um einen Loop handelt oder nicht ist sehr rechenintensiv. Daher wird bei großen Prozessbildern empfohlen, Schleifen zu kennzeichnen, um die Berechnung des CPMs zu beschleunigen. Hierfür wird der Sequenzfluss, der die Schleife darstellt mit loop_BeliebigerText gekennzeichnet.
Vordefinierte Prozesssteuerung mit Hilfe des PredefinedDecisionHandler
Der PredefinedDecisionHandler wird für die Steuerung des Prozesses eingesetzt. Für XOR-Gateways können beim Start eines Vorgangs die Ausgänge, die der Prozessverlauf verwenden soll, bereits im Vorfeld festgelegt werden. Alle XOR-Gateways, die die selbe Variable in Kombination mit diesem ActionHandler verwenden, verhalten sich entsprechend der ersten Entscheidung. Hierdurch kann sich der kritische Pfad in einem Vorgang ändern.
Abhängig von der Lampenart, die zum Vorgangsstart ausgewählt wird, hat der Vorgang unterschiedliche Gesamtbearbeitungszeiten. Wird bspw. die Lampenart “Stehlampe” ausgewählt werden nur die Bearbeitungszeiten der Aktivitäten in die CPM Berechnung einbezogen, die bei der Produktion von Stehlampen durchlaufen werden. Ebenso verhält es sich, falls die Lampenart “Schreibtischlampe” ausgewählt wird, dann werden nur die Produktionsschritte für eine Schreibtischlampe in der CPM-Berechnung berücksichtigt.
Meilensteine
Mit Hilfe von Meilensteinen werden Bearbeitungszeiten von Aktivitäten, die sich auf dem kritischen Pfad befinden neu berechnet.
Meilensteine werden in einem Prozessmodell über ein Zwischenereignis mit einer beliebigen Beschriftung dargestellt.
Nach der Veröffentlichung des Prozessmodells und dem Start eines neuen Vorgangs kann im Reiter “Aktivitäten” durch Anklicken des Meilensteins das Meilenstein-Datum über ein Kalender-Popup angepasst werden.
Nach Speicherung der Änderung über den Button “Speichern” und Durchführung einer Neuberechnung des kritischen Pfads über den Button “kritischen Pfad berechnen”, werden die Bearbeitungszeiten der vorherigen Aktivitäten auf dem kritischen Pfad in Abhängigkeit vom Meilensteindatum verkürzt oder verlängert.
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